Steffen verschiebt extra den Beginn der Chemotherapie, um zum Aphex Twin Konzert gehen zu können.

Der Traffic der letzten Tage auf der Blogseite haut mich um, ich klebe wieder den ganzen Morgen am Blog. Leider kann ich das jedoch nicht so lange tun, wie ich gerne wöllte, denn ich muss um 10:00 Uhr wieder los.

Ich kaufe also wie jeden Tag wieder in der Metro ein, habe aber glücklicherweise heute nur zwei Aufträge. Natürlich die BlueManGroup und dann muss ich noch mal hinaus in unendliche Weiten, nach Berlin-Hellersdorf. Dorthin, wo es wohl eine Adresse gibt, aber laut Google Streetview noch gar keine Häuser stehen. Berlin ist so in sich zerrissen, so dass es DAS Berlin gar nicht gibt. Wenn ich Bekannten in Sachsen erzähle, dass ich in Berlin wohne, fragen alle immer wo und reagieren mit Entsetzen, wenn ich Berlin-Kreuzberg antworte. Ich habe immer das Gefühl, dass deren Bekannte, wenn diese denn überhaupt nach Berlin ziehen, maximal nach Berlin-Hellersdorf ziehen. Und Hellersdorf ist gefühlt so weit weg vom Zentrum, es ist jedes Mal eine Weltreise. 

Ich liefere heute das Essen in eine Physiotherapiepraxis, alle sind sehr nett und helfen mir sofort. Aber ich bin so froh, als ich das Auto endlich wieder Richtung Zentrum lenke, zurück zu Steffen. 

Aphex Twin

Zuhause angekommen, übergebe ich Steffen die Autoschlüssel. Seit Mai hat er die Tickets für das Aphex Twin Konzert. Eigentlich sollte heute seine 5. Chemotherapie starten, aber da er nicht wollte, dass er mit der Chemotherapie-Pumpe im Konzertgraben steht, hat er den Termin der Chemotherapie auf morgen verlegen lassen.

In unserer überbordenden Fantasie hatten wir uns schon ausgemalt, dass er in der konzertbedingten Extase sich die Flasche vom Leib reißt und nach vorne auf die Konzertbühne schleudert. Dadurch werden dann alle Konzertbesucher in der ersten Reihe von der sich aus der Flasche zentrifugierenden Flüssigkeit verätzt. Was für ein Theater! Also ist es wohl vernünftiger so geregelt.

Gegen 18:00 Uhr

verlässt Steffen die Wohnung, ich kann es kaum erwarten. Als sich die Tür hinter ihm schließt, mache ich mir sofort ein feines Essen, springe in die Wanne und schlüpfe ins Bett. Juchu, Netflix. Ein Traum. Wie langweilig, mögt Ihr denken. Aber diese Realitätsflucht macht mich zur Zeit sehr glücklich. Und es ist wohl besser, zu netflixen, als Alkohol zu trinken.

Gegen 20:00 Uhr

schaue ich auf mein Handy. Steffen ist schon wieder bei sich in seiner Wohnung zuhause! Was ist denn passiert? Zumal der Auftrit vonn Aphex Twin zu 23:30 Uhr angesetzt war. Ja natürlich ist das wahnsinnig, so lange zu warten mit all den Menschen, Viren und Bakterien. Aber wenn man so ein Fan ist, tut man das. Aber dennoch, um 20:00 Uhr ist er wieder zuhause:

Steffens Feedback:

Als er vor Ort ist, sieht er die riesige Location. Alles sollte im Funkhaus in der Nalepastraße stattfinden. Die Location fasst 2000 Menschen, aber am Ende waren es wohl 3000. Die Vernunft pickert sich in Steffens Hirn, und er beschließt, sein Ticket doch noch an jemand anderes zu verkaufen. Glücklicherweise tut er das über den Konzertanbieter und prompt ist sein Ticket auch schon verkauft. Der Andrang ist groß. Braver Junge.

Zuhause bei sich geht er auch gleich brav ins Bett. Das ist auch das, was Patienten tun sollten. Denn morgen früh muss er wieder in die Charité zur 5. Chemotherapie (von 6).

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