Es ist ein wunderbarer Morgen, endlich ist es etwas kühler. Nach dem anstrengenden Tag habe ich Hunger wie ein Wolf. Steffen hat leider jetzt auch schon morgens Kopfschmerzen. Er nimmt sich präventiv eine Kopfschmerztablette und dann machen wir uns ein ordentliches Frühstück mit Smoothies, Vollkornstullen und Käse und Rührei mit frischem Schnittlauch. Danach packen wir das Köfferchen, denn es geht in die Heimat. Wir wollen noch einmal die Eltern besuchen, bevor die Chemotherapie am 08.08. anfängt. Da wir ja nicht wissen, was uns dabei erwartet, ist es für die nächste Zeit vielleicht das letzte Mal, dass wir nach Hause fahren.

Landpartie

Da wir schon so zeitig munter sind, lassen wir uns bei der 300 km langen Fahrt diesmal etwas Zeit und fahren über Land und Städte. Aber Steffen hat jetzt immer öfter die Probleme mit dem Fokussieren. Das Nasopharynxkarzinom drückt auf die ganzen Nerven im Kopf. Die lange Fahrt strengt ihn an, er hält sich ein Auge zu oder klemmt sich ein Taschentuch vor ein Auge hinter die Sonnenbrille, dann geht es irgendwie. Also beeile ich mich doch auf die letzten Meter und wir sind schon verdammt zeitig in Ebersbach, es ist 14:00 Uhr. Wir laden das Auto aus und kein Papa kommt wie sonst vor die Tür gesprungen. Komisch. Die Tür ist zugeschlossen, hinter dem Haus ist auch niemand. Na gut, wir sind echt zeitig, wahrscheinlich ist Papa zu Mama auf den Friedhof gegangen. Also setzten wir uns auf die Treppenstufen vor dem Haus, was endlich wieder geht, da die fürchterliche Holzrampe, die für den Rollstuhl meiner Mama gebaut wurde und seit 9 Jahren nur als Memento Morbus vor sich hin existierte, endlich weggerissen wurde. Endlich kann man wieder auf den Treppen sitzen und den wunderbaren Ausblick genießen.

Auf einmal links ein Geräusch, mein Papa an der Wasserpumpe. Wie schön.  Er war im Hinterhaus, deswegen hatte ich ihn vorhin nicht gesehen. Große Freude, wir drücken uns alle und heulen. Der Gedanke, dass die Chemotherapie alles endlich macht, schwirrt noch über uns.

Gruseliges

Während wir so da stehen und reden, kommt ein Nachbar vorbei, gezogen von seinem Riesenhund. Während der Hund weiterzerrt, ruft er meinem Papa zu: „Woas ieeßn mit deinem Nubbor los?“ – auf deutsch heißt das soviel wie „was ist mit deinem Nachbar los?“. Keine Ahnung, wir gucken uns an und erfahren die neuesten Neuigkeiten. Der verschrobene Nachbar, der sich vor Jahren schon aus der Gesellschaft ausgeschlossen und sich von Strom, Wasser und Gas abgenabelt hatte, ist tot. Das ist nur aufgefallen, weil die Hecke vom Ordnungsamt gestutzt werden musste, diese Rechnung musste dem Nachbar nun zugestellt werden und dann öffnete keiner die Tür. Notöffnung und dann lag da nur noch eine mumifizierte Leiche.

Wohl schon seit 6 Wochen.

Whoa! Scary! Also wir vor vier Wochen schon mal da waren, hatte ich noch eine weiße Gestalt nachts auf dem Grundstück gesehen, vielleicht war es der Geist?

Nun, etwas bedrückt gehen wir ins Haus, machen Kaffee und essen Kuchen.

Später am Abends gibt es die feinen Cevapcici von Steffen vom Grill und wir trinken ein paar leckere böhmische Biere mit Papa. Steffen geht wegen seiner Kopfschmerzen eher ins Bett.

Dauerkopfschmerzen schlauchen fürchterlich.

Papa und ich genießen noch die Dämmerung weiter.

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