Heute ist Nikolaustag. Und im regulären Zyklus würde Steffen heute mit der siebenten Chemo starten. Muss er aber gottseidank nicht. China ruft!

Nikolaustag

Wir überraschen uns gegenseitig mit kleinen GeschenkenWerbung. Das ist verrückt, früher haben wir uns immer gestritten, weil Steffen stets das Datum vom Nikolaustag vergaß und dann sauer war, weil ich unbedingt auf diesen Tag bestand. Dummes Relikt aus der Kindheit…

Bevor ich zur Arbeit losfahre, sagt Steffen leisezu mir: „heute ist ja Donnerstag. Im regulären Zyklus würde jetzt wieder meine Chemotherapie beginnen und ich müsste in die Charité. Ich bin so froh!!“

Das ist also das erste Mal, dass Steffen nicht zur Chemotherapie muss. Aber dieses Mal hat er nach der sechsten Chemotherapie wirklich an den Nebenwirkungen zu knabbern. Als wenn sich der Körper endlich fallen lässt, weil die Prozedur vorbei ist.

Chemotherapienebenwirkungen

Steffens Füße und Hände kribbeln und sind taub, alle seine Knochen schmerzen. Sobald Steffen stehen oder gehen muss, bekommt er dicke Beine, da sich Wasser in seinen Extremitäten anstaut.

Der Körper funktioniert im Notbetrieb und muss erst wieder lernen, alle Lymphflüssigkeiten zu transportieren. Wir behelfen uns mit der Faszienrolle, um das Gewebe in Schwung zu bekommen. Aber Steffen ist genervt, er will dies alles so schnell wie möglich hinter sich lassen. Er will diese ganze Krebsscheiße hinter sich lassen. Diese Zerbrechlichkeit, diese Krankheit, diese Schlappheit.

Bis jetzt hat er diesen Wahnsinn sehr gut mit Ignoranz überlebt. Diesen Blog hat er bis jetzt noch nicht einmal gelesen. Er erträgt es einfach nicht. Er kann es sich einfach nicht durchlesen, welchen Weg er gegangen ist. Es tut zu weh.

Und diese Ungewissheit nervt. Die Ungewissheit darüber, ob der Krebs besiegt ist oder ob er noch weitere Chemotherapien und Bestrahlungen über sich ergehen lassen muss. Steffen hat fürchterliche Angst vor dieser eventuellen Zukunft.

Visum für China

Nach der getanen Arbeit hole ich Steffen zu Hause ab. Unsere Visa für China sind fertig, pünktlich zum Nikolaustag. Wir fahren wieder zur Visabehörde, auf dem Weg dahin treffen wir auf dem Bürgersteig eine alte Freundin: Frau M. Große Freude.

Weitere zehn Minuten später und 250 EUR ärmer halten wir unsere Pässe mit den Visa in der Hand.

Wir können jetzt theoretisch nach China ein- und wieder ausreisen!

Wir können es kaum fassen, gleich gebe ich meinem Bruder samt Schwägerin Bescheid. Wenn alles gut läuft, werden wir unser Weihnachten mit der chinesischen Familie in Shanghai verbringen.

Was für ein Nikolaustag.

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