Zwei weitere Tage, die sich für uns unfassbar normal anfühlen. Wenn man Chemotherapie als „normal“ bezeichnen kann. Lest selbst:

10.10.2018 – Tag 92

Der heutige Mittwoch ist ein ruhiger wunderschöner sonniger Tag. Steffen wird im Laufe des Nachmittages zu mir nach Hause kommen, da es der letzte gemeinsame Abend ist, bevor er in die 4. Chemotherapie startet.

Zeitig am Morgen kümmere ich mich ums Büro und fahre dann einkaufen. Ich habe einen kleinen Auftrag in Weißensee, einen Neukunden und danach die BlueManGroup mit 55 Essern, alles läuft super, natürlich etwas stressig, aber am Ende des Tages ist Steffen bei mir. Das ist das, was zählt.

11.10.2018 – Tag 93

Am heutigen Donnerstag geht es zeitig los, schon vor dem Weckerklingeln bin ich wach geworden und schleiche mich aus dem Schlafzimmer, damit ich nicht Steffen aufwecke. Ich packe all meine Listen und den Einkaufszettel und will die Wohnung leise verlassen und sehe nur noch Steffens Kehrseite, wie er mit eben dieser in der Toilette verschwindet.

05:30 Uhr verlasse ich also die Wohnung, da ich zu 10:00 Uhr einen Auftrag in der FU in Dahlem ausliefern muss. Das bedeutet, spätestens um 9:00 Uhr sollte ich die Küche mit dem fertigen Essen verlassen. Danach möchte ich wieder kurz direkt nach Hause fahren, Steffen ins Auto packen und in die Charité fahren, da ja heute seine 4. Chemo beginnt und er immer noch leicht von der Erkältung angeschlagen ist.

Da die Chemotherapie immer erst am Abend angesteckt wird, hat er so noch etwas vom Morgen.

Computertomographie

Als ich gerade mitten im Auftrag bin, also so gegen 08:00 Uhr, bekomme ich von Steffen die Nachricht, dass er schon um 09:00 Uhr im Krankenhaus sein muss, da er heute für ein CT eingetragen ist. Er fährt zwangsweise alleine mit dem Bus hin. Ab diesem Moment bin ich wie vor den Kopf geschlagen.

Was werden die Ergebnisse des CT´s sein?

Wie haben die Chemotherapien angeschlagen?

Ist der Tumor kleiner geworden? Ist etwas dazu gekommen?

Haben all unsere Bemühungen etwas genutzt?

Halbherzig arbeite ich den Auftrag für die FU ab. Ich bin furchtbar langsam, die Konzentration ist im Keller. Endlich bin ich dann auch mal fertig und habe alles eingepackt. Ich öffne die Küchentür und als ich das Auto beladen will, wundere ich mich: Warum liegt da ein Buch auf dem Autodach? Ein DDR-Reiseführer? Ist das ein Zeichen?

Dann fällt mir ein, dieses Buch hatte Steffen gestern Nachmittag beim aus dem Auto steigen aufs Dach gelegt und da vergessen.

Also ist das Auto so mit dem Buch auf dem Dach, die 9 km von zu Hause über die Metro bis in die Küche mitgefahren, ohne herunterzufallen. So wackel- und schwepperfrei fahre ich!

Schnell sichere ich also das Buch in der Küche und lade das Auto mit dem Essen voll und liefere aus. Ich lege nach 50 Minuten Fahrt durch den Berliner Berufsverkehr eine Punktlandung zu 10:00 Uhr hin. Morgens zwischen 09:00 und 10:00 Uhr einmal quer durch Berlin fahren, von Weißensee nach Dahlem. Ein Traum. Nicht.

Nach der Auslieferung habe ich nun eine Stunde Leerlauf, da ich ja Steffen nicht mehr ins Krankenhaus fahren muss, also fahre ich nach Hause und arbeite noch etwas Büroarbeit ab. Aber meine Denkblockade macht, dass ich nur halbherzig Dinge von A nach B schiebe. Obwohl ich ernsthaft zu tun habe, da die nächste Woche richtig happig werden wird. Ich muss ja langsam auch mal wieder Geld verdienen. Von dem derzeitigen Hausfrauencatering bezahlt sich keine Miete.

Gegen Mittag fahre ich wieder zurück in die Küche, arbeite die BlueManGroup ab und liefere aus. Zuhause plane ich noch den morgigen Tag und falle gegen 19:00 Uhr ins Bett. Ich bin total kaputt.

Steffen ist heil im Krankenhaus gelandet und hat das CT überstanden. Natürlich gibt es am selben Tag noch keine Ergebnisse.  Da er immer noch kränklich ist und erhöhte Temperatur hat, ist er so platt, dass er direkt nach der Spritze der Ärztin einschläft und selbst die Chemoinfusion nicht mehr mitbekommt. Er schläft die ganze Nacht durch.

Ich mache mir Sorgen um ihn, wie das denn jetzt so ist mit Chemo und Erkältung, aber wenigstens ist er ja schon im Krankenhaus.

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