Das Einzige, was mich diese in jedem Sinne aufregendste Zeit meines Lebens durchstehen lässt, ist die Akzeptanz. Ein Weg zum Glück?

Akzeptanz

von | Jan 17, 2020

Es tut mir leid, dass hier gerade so wenig passiert, denn soviel passiert wiederum bei mir gerade und das die ganze Zeit. Akzeptanz ist dabei gerade das vorherrschende Thema.

 

In jedem Moment, in jeder Phase meiner aktuellen Entwicklung geht es um Trennung und die damit verbundene sofortige Akzeptanz. Die Akzeptanz der rapiden Veränderung.

Mit Sternzeichen Stier gehöre ich eigentlich zu der behäbigen und unflexiblen Sorte Mensch. Ich konnte früher nur glücklich sein, wenn gewisse Parameter unverrückbar stimmten: Sicherheit, Komfort, feste Zukunftsaussichten, keine Geldsorgen.

Steffen, der kleine Hippie, ist an diesen festen Mauern in meinem Kopf stets gescheitert und hat sich über meinen Oberlausitzer Granitschädel oft lustig gemacht. Irgendwann hat er meine sture unverrückbare Art akzeptiert, nach dem Motto „happy wife, happy life“. Und wie ein Panzer trampelte ich durch unser Leben, immer voran, immer weiter. Wenn – dann.

Und dann der große Knall mit Steffens Tod. Sämtliche Sicherheiten mit einem Mal zerstört und aufgegeben. Unser gemeinsames Leben zerschlagen wie eine riesige Fensterscheibe, deren glitzernde Splitter ich noch in den hintersten Ecken meines Lebens ständig wiederfinde und mich barfuß darin blutig trete.

Trauer hört nicht auf.

Ich hatte gerade diesen Artikel über die Trauer von der symphatischen Silke Szymura gelesen, in welchem die in der Psychologie beliebte Theorie der verschiedenen Trauerphasen torpediert wird. Erst wenn man so etwas selbst erlebt hat, weiß man, dass dieser Schmerz mit nichts anderem vergleichbar ist und einen Menschen dermaßen verändert, dass er nie wieder dieselbe Person wie vorher sein kann. Trauer ist kein Zustand, der irgendwann vorbei ist und es dann „irgendwie weitergehen muss“. Man lernt lediglich, damit zu leben. Mal besser und mal schlechter.

Trennung von dem alten Selbst

In Stein gemeißelt schien die Zukunft mit Steffen, unser Catering und unser gemeinsames Leben. Selbst die Zeit nach der Selbstständigkeit war geplant. Am Ende unserer Zeit wollten wir uns zur Ruhe setzen und Steffen hätte den ganzen Tag Zeit um seine Musik zu machen und zu fotografieren und ich würde endlich einmal Zeichnen. Und Reisen, wir würden so viel reisen.

Soweit, so schön.

Ihr wisst ja alle, was stattdessen geschehen ist. Und nun?

Ich kann nicht mehr in die Gastronomie zurück. Jeder Gedanke daran bereitet mir so schlimme Schmerzen, Panik und Bauchkrämpfe. Jeder Rückblick in die letzten Jahre auf den Stress, die Entbehrungen und die Ängste, lassen mich vor Abscheu würgen.

Natürlich waren die Kunden wunderbar, das Feedback überwältigend und die Freude, jemanden mit unserem Essen glücklich zu machen, unbezahlbar. Aber die letzten Monate der Doppelbelastung mit Steffens furchtbarer Krankheit und den 200%, die ich noch obendrein in der Selbstständigkeit geben musste, haben mir den „Gastrozahn“ vorerst schmerzhaft gezogen.

Verbunden mit der Unmöglichkeit, anständig ein mittelständisches Unternehmen in Deutschland zu führen, indem man sich an alle Regeln, Auflagen, Dokumentationen, Richtlinien und Steueran- und Abgaben hält. Da hilft einem auch nicht mehr der unter der Last von allem hervorgequetschte Satz „wenigstens bin ich mein eigener Chef“ zur eigenen Beruhigung. Irgendwann ist es genug.

Gerade bekam ich noch eine Anfrage einer Kundin, die das letzte Mal im Dezember 2018 bei uns bestellt hatte. Sie wusste noch nichts von alledem, was geschehen war. Ihr Resümee zu unseren Leistungen wieder einmal herzzerreißend:

„Ihre freundliche, unkomplizierte und klasse Art in der Zusammenarbeit wird mir einfach fehlen und das leckere Essen natürlich auch.“

Kurz werde ich wieder in das Damals zurückgebeamt. Aber es ist vorbei. Es gibt keinen Weg zurück. Akzeptanz.

Zukunft

Ein Silberschweif, eine Idee ist da am Horizont. Mehr dazu werde ich zu einem späteren Zeitpunkt berichten. Eine Idee, die so wahnwitzig und absurd und jenseits jeglicher Sicherheiten ist, mein altes Ich würde sich schütteln.

Und da bin ich jetzt. Alles hat sich komplett verändert. In mir, in meiner Lebenseinstellung und in meiner Wahrnehmung.

Ich bin nicht mehr dieselbe Dana wie vor einem Jahr. Noch nicht einmal mehr wie vor einem Monat.

Meine Verwandlung radikal.

Mein neues Ich hat sich im letzten Jahr von dem alten Ich in einer Art und Weise entfernt, dass es mich selbst ab und an sprachlos und verwundert innehalten lässt. Manchmal erkenne ich mich kaum selbst wieder.

Aber ich mag die Dana 2.0 sehr. Und das ist gerade das spannende an meinem neuen Leben, was mich irrsinnig neugierig auf meine Zukunft macht. Nichts wird mehr so sein wie vorher.

Und das erste Mal in meinem Leben mag ich mich selbst.

Alle alten Connections schneiden sich selbst ab, trennen sich. Neues will ans Licht. Genauso, wie eine pinkfarbene Lotusblüte aus dunklem, sumpfigen Untergrund nach oben drängt.

Das alte Leben nimmt Abschied

Alles trennt sich und nimmt Abschied von meinem alten Leben:

  • Ich verliere Steffens Fahrradtasche, die er mir vor Jahren geschenkt hat, einfach so. Sie fällt vom Rad und ich weiß nicht, wann und wo. Sie ist weg. Für immer.
  • Mein zweiter Handschuh meiner Lieblingshandschuhe, die mich Steffen gedrängt hatte, mir selbst zu kaufen, ich verliere ihn. Ich wollte diese Handschuhe damals nicht kaufen, da sie mir mit 30 EUR einfach zu teuer erschienen und wir doch das Geld fürs Catering brauchten. Steffen hat mich jedoch zum Kauf gedrängt. Ich habe die Handschuhe geliebt. Und „ping!“, weg ist einer der beiden Handschuhe. Mein Papa sagte: „den hat jetzt Steffen“ – was für eine schöne Vorstellung.
  • Ich verkaufe Steffens Fotoapparat, da ich diesen als Linkshänderin einfach nicht bedienen kann. Der Fotoapparat, den er so liebte, um den er tanzte, wie um das goldene Kalb. Verkauft.
  • Seine Playstations und Spiele – alle verkauft.
  • Die Homepage vom Catering ist zu teuer, ich muss diese zu einem billigeren Provider umziehen und habe den Inhalt vorerst gelöscht, da ich anderes mit ihr vorhabe. Ein Klick, und unser ganzer Stolz ist für immer weg. Weg! Steffens großartige Seite, die er tagelang gebaut hat. Einfach weg. Nur kurz habe ich über diesen Schritt nachgedacht. Tagelange Arbeit in Sekunden zunichte gemacht.

Bald werde ich auch noch die Firmenmailadresse vom Catering abschalten, alle Mails, aller Mailverkehr von damals – für immer erledigt.

Das tägliche Mantra

„das bringt mir Steffen nicht zurück“

wirkt Wunder. Ich kann nicht zurück. Es gibt keinen Weg dorthin. Ich muss es akzeptieren.

Und da ist kaum noch Energie für Wehmut. Mein Schmerzzentrum ist immer noch betäubt. Der Schutzmechanismus ist unverändert eingeschaltet. Steffens Tod ist so furchtbar, dass ich das wahre Ausmaß des Ganzen nicht verinnerlichen kann.

Also funktioniert für mich nur die Flucht nach vorn. Das neue Ich trennt sich vom alten Ich. Akzeptanz ist daher so allgegenwärtig und sie rotiert so schnell. In jeder Situation, der ich gerade gegenübergestellt werde, sagt mein Inneres:

„Aha. Ok. Dann ist das halt so. Also werde ich eine Weg finden, damit umzugehen“

Wahnsinn. So kenne ich mich nicht.

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