Lebensmüde - ein Zustand, der mein derzeitiges Leben perfekt umschreibt. Warum bin ich noch hier, wenn der andere doch dort ist?

Lebensmüde

von | Feb 11, 2020

Jeden Morgen wachst du wieder auf, doch dein Mensch ist nicht da. Alles erscheint so sinnlos und du musst dennoch weitermachen. Es gleicht einem Todeswunsch nach dem Tod des Partners.Ich fühl mich so sehr des Lebens müde – eine tiefe Lebensmüdigkeit.  

Am Morgen stolperte ich über einen Instagrampost, welcher mich seit langem in meiner Antriebslosigkeit in der Trauer abholte. Auf einer ganz tiefen Ebene fühlte ich mich endlich verstanden. Das erste Mal wird mein aktueller Dauerzustand benannt: ich fühl mich so oft so lebensmüde, des Lebens müde – eine tiefe Lebensmüdigkeit. Gleich einem Todeswunsch, nachdem ich meine Liebe verloren habe. Obwohl der Schritt zu extrem wäre.

Der Post hatte folgenden Wortlaut:

Not caring if you live or die (but not wanting to die)

Megan Devine

Des Lebens müde

Und plötzlich kam mir die Erkenntnis! Ich fühle mich einfach nur noch lebensmüde, lebensmüde im Sinne des Wortes. Ich meine nicht suizidal!!!

Suizid setzt einen Willen zu einer finalen Handlung voraus. Diesen habe ich jedoch nicht, ich will mich nicht umbringen oder so.

Ich bin einfach nur gerade dieses Lebens müde.

Bitte jetzt nicht alle aufschreien und sagen, dass darf man nicht denken, das darf man nicht sagen! Dana, brauchst Du Hilfe? Soll ich vorbeikommen?

Bleibt alle wo ihr seid und lest ganz ruhig weiter.

Denn es ist recht gut so, wie es gerade ist. Mir geht es den Umständen entsprechend gut. Und in diesem Post lese ich nun, dass genau diese Lebensmüdigkeit in der Trauer vollkommen normal ist:

Es ist egal, ob ich tot oder lebendig bin

(ich möchte jedoch nicht sterben)

Megan Devine

Man wacht morgens auf und sagt sich, „Na super, schon wieder ein neuer Tag“. Schlafen war jedoch viel schöner. Man rappelt sich auf, tut etwas, was einem Halt gibt und glücklich macht, aber alles was mir gerade Halt gibt und mich glücklich macht, ist scheinbar brotlose Kunst.

Schlaf ist gerade eher mein Fast-Forward-Modus zum Ende von dem ganzen Theater. Ich hoffe, damit das derzeit übelste – das Leben – zu skippen. Dorthin, wo es endlich mal wieder schöner ist.

Die Dinge, die einen früher angetrieben haben, sind komplett vaporisiert worden. Man sieht einfach den Sinn nicht mehr darin, sich für eine eventuelle Zukunft anzustrengen. Weil man ja gar nicht weiß, wie diese Zukunft aussehen soll. Noch ist man sich selbst nicht soviel wert, für sich einzustehen.

Also heißt es warten.

Und jeden Tag muss man wieder aufstehen, wieder sich mit den Gegebenheiten arrangieren und wieder kämpfen. Ich bin es so leid. Diesbezüglich fühle ich mich lebensmüde. Des Lebens müde.

Natürlich mache ich immer weiter und trabe stumpf weiter nach vorne und freue mich geradezu hysterisch über jeden albernen Glitzerstein auf meinem derzeitigen Lebensweg .

Ich bemühe mich trotz allem stets positiv zu sein, gebe anderen so viel positives Feedback, wie ich nur kann und schere mich nicht mehr darum, was andere denken, wenn ich wieder einmal albern grinsend die Straße entlang laufe und dabei meine Lieblingskrähen füttere.

Jeder Tag ist ein Kampf, um lebensmüde zu überleben.

Aber am Abend bin ich dann so froh, endlich wieder in mein Bett zu fallen. In dieses große kuschelige, weiche warme Bett, mit all seinen tollen Träumen darin, die mich aus dem Hier und Jetzt wegbeamen.

Tipp:

Megan Devine hat mich schon so oft mit ihren Posts abgeholt und mich in der Trauer fühlen lassen, dss es absolut ok ist, nicht ok zu sein. 

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Sie hat dieses Buch geschrieben, welches ich dir wärmstens empfehlen kann. Klicke einfach auf das Bild, um es direkt zu bestellen.

Will ich gerade nicht hören:

Manchmal treffe ich auf Menschen, die Sachen zu mir sagen wie beispielsweise:

„Du musst dich langsam wieder fangen, denn das Leben geht weiter.“

„Dana, du kannst doch nicht die ganze Zeit zuhause sitzen, du musst doch mal wieder arbeiten gehen.“

„Du brauchst einen festen Halt in Deinem Leben!“

„Arbeit wäre genau die richtige Ablenkung für Dich, da kommst Du auf andere Gedanken.“

Ich nicke verständnisvoll und weiß, dass sie ja eigentlich Recht haben, denn ich verstehe total, was sie mir sagen wollen. Und ich weiß, sie meinen es gut mit mir. Sie machen sich Gedanken. Aber das sind genau die Dinge, die man nicht hören will, wenn man lebensmüde ist. Denn das ist mir alles gerade dermaßen egal.

Denn es sind leider genau dieselben Sprüche, die ich gerne früher ungefragt gesagt oder gedacht habe. Deswegen kann ich die nicht wirklich übel nehmen. Aber jetzt sitze ich auf der anderen Seite und glaubt mir, so einfach ist das hier alles nicht.

Wie soll ich denn jemals aus meinem Kopf bekommen, dass Steffen tot ist? Der Mann, mit dem alles gut war, mit dem ich glücklich war? Switch off und weiter geht´s? Akzeptieren, vielleicht. Irgendwann möglicherweise. Aber vergessen?

Ablenkung von meinen Gedanken? Warum? Meine Gedanken sind für mich das Größte. Und man verarbeitet dieses furchtbare Ereignis nur, wenn man sich ständig mit sich selbst beschäftigt.

Tägliche Post, die dir bei der Trauerbewältigung hilft. plötzlich verstorben. Du bist tot.

Wie geht das mit dieser Trauer?

Du hast selbst gerade so einen Verlust erlitten?

Wenn du dich wieder auf etwas freuen willst, dann sende ich dir jeden Montagmorgen einen neuen Denkansatz, der dir in deiner Trauer hilft.

Eine Nachricht voller Impulse, Ideen und einem Quentchen mehr Lebensfreude, prickelnd wie Champagner?

So dass du wieder etwas mehr Kraft für dein neues Leben findest und deine Gedanken wieder auf Vordermann bringen kannst.

Schau mal hier vorbei:

Achtung: kann Spuren von Humor und Positivität enthalten. Du könntest dich nach dem Lesen anders fühlen, also zuvor. 

Keine Energie bei Trauer

Ich habe auch gar nicht mehr die Energie, mich in dem normalen Leben der anderen anzustrengen. Tagtäglich sehe ich auf der Straße die Menschen, die morgens ins Büro hasten und spät abends kaputt nach Hause kommen. Ich würde diese Stunden auf Arbeit überhaupt nicht durchhalten. Meine Aufmerksamkeitsspanne ist derzeit so furchtbar begrenzt, ich kenne mich so nicht.

Die großartigste Sache in meinem Leben ist zur Zeit, einfach auf dem Bett zu liegen und die Decke anzustarren und auf den Schlaf zu warten, denn es ist so schön da. Dort, auf der anderen Seite. Dort, wo alles immer noch so ist, wie es mal war.

In der aktuellen Weltuntergangsstimmung aus Sabine, Corona und beängstigenden Menschen, plärrt einem die Angst aus allen Medien entgegen. Alle haben Angst um ihr Leben.

Wieso haben die anderen solche Angst vor dem Tod? Seit Steffens Tod habe ich keine Angst mehr vor dem Sterben. Mittlerweile sind auf der anderen Seite mehr mir wichtige Menschen, als hier.

Mit dem Tod wäre das Theater hier endlich zu Ende. Welch herrliche Stille.

Rotwein

Also betäubt man sich mit einem schönen Rotwein, fühlt sich endlich wieder ein bisschen fast so normal wie früher, man lacht kurz wieder so laut wie früher und trifft sich mit Freunden. Die Lebensmüdigkeit ist plötzlich wie weggeblasen.

Aber der nächste Tag wird furchtbar mit furchtbaren Kopfschmerzen und dem Entschluss, nie wieder Alkohol zu trinken. Augenringe des Todes pockern am nächsten Morgen unter glasigen Augen. „Du bist keine 20 mehr, Frollein“ mahnt eine distinguierte Stimme in meinem Kopf.

Aber diese großartigen Abende mit Freunden schreien leider danach, in ihrer Glückseeligkeit durch Alkohol potenziert zu werden. Meine Seele giert nach Glück, Lachen und Liebe. Die Seele muss heilen. Deswegen wird die Glücks-Dosis künstlich mit Alkohol erhöht. Und so switcht man wieder direkt in den Selbstzerstörungsmodus.

Glück, Lachen und Liebe führt zu unkontrolliertem Konsum von Dingen, führt zu Selbstzerstörung.

Das ist der Grund, warum ich mich zurückziehe. Selbstschutz. Das vernünftige „ich“ will mich aus diesem Trudelkurs ziehen.

Also denke ich mir: Alle anderen sind scheinbar erfolgreich, busy und haben was in ihrem Leben erreicht. Sie strengen sich den ganzen Tag an, von früh bis spät. Das zu beobachten, bereitet mir Phantomschmerzen.

Ich werde niemals so ein Leben wie die anderen führen. Ich fühle mich, als stünde ich auf einer Plattform einer Bahnstation, welche der letzte Zug bereits vor 15 Jahren verlassen hat.

Und jegliche Erinnerungen an das alte Leben mit all seinem irrsinnigen Stress polken schwarze grindige Löcher in meine Magengegend und einen tiefen Widerwillen, genau dasselbe wie vor Steffens Tod wieder weiter zu machen. Das macht mich so lebensmüde. So satt. Ich habe das normale Leben so satt.

Das Neue?

Aber etwas Neues muss her. Aber was? Was nur?

Das Alte ist vorbei und ich will nicht mehr dahin zurück. Ich will das nicht weiter machen. Das alte Leben ist so sehr mit meinem Steffen verbunden, dass sich eine Weiterführung dessen einfach nur falsch anfühlt und weh tut. Ich habe es probiert, wirklich. Es geht nicht. Alles in mir widerstrebt dem.

Das Neue muss sich formen, entstehen und geboren werden und die derzeitige Ungewissheit, darüber, wie es weitergehen wird, macht mich fuchsig. Denn das Neue ist noch nicht wirklich da.

Dieser Zustand gerade ist toll und furchtbar zugleich.

Es ist schwer, einfach loszulassen und es auf sich zukommen zu lassen. Obwohl ich eigentlich weiß, dass es wie immer funktionieren wird.

Ich liebe es, zu schreiben. Das bereitet mir so große Freude. Diesen Blog zu schreiben und meine Bücher zu schreiben. Zuhause in meiner kleinen Welt zu sitzen und alles still zu beobachten. Tiefe große Freude.

Es wäre so schön, wenn das Schreiben meine Zukunft werden könnte.

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