Allein ohne Partner leben
Allein ohne Partner leben – das ist ein Thema, mit dem ich als Neu-Witwe sehr zu hadern habe. Was bin ich jetzt? Single? Nein, ich bin doch verheiratet? Wie ist das so, allein, mit dem Partner im Jenseits?
Status Quo aktuell ist, das Leben ohne Partner als Chance zu sehen. Nun habe ich Zeit, mich selbst kennenzulernen. Natürlich zwangsweise, aber was bleibt mir auch übrig. Zu sehr liebe ich Steffen, zu präsent ist er jeden Tag. Zu absurd erscheint mir zur Zeit der Gedanke, sich einen neuen Partner zu suchen. Ich bin doch eigentlich verheiratet.
Für mich ist Steffen jeden Tag dabei und das fühlt sich auch sehr gut an. Ich muss halt nur allein laufen lernen.
Hallo, ich bin Dana,
ich bin seit 2019 Witwe und ich habe damals in der Trauer diesen Danachblog ins Leben gerufen. Hier setze ich mich mit allen Themen auseinander, die Trauernde beschäftigen, um ihr neues und ungewolltes Leben zu bewältigen.
Dieser Blogbeitrag ist einer meiner ersten auf meinem Weg der Trauerbewältigung. Mittlerweile – Jahre später – helfe ich selbst Witwen wie dir dabei, ihr neues Leben zu starten. Jetzt helfe ich dir auf unorthodoxe Art bei deiner Trauerbewältigung:
Die alte Rollenverteilung
Seitdem ich im fortpflanzungsfähigen Alter war, war ich in irgendwelchen Beziehungen. Entweder totale Fiaskos oder auch ab und an eine tiefe Liebe. Aber immer war ich mit jemandem zusammen. Die kürzeste Zeit in meinem Leben war ich vielleicht ein dreiviertel Jahr ohne Partner, aber da dräute ja auch schon der magische Steffen am Horizont.
Das Konzept „allein leben“ wurde mir erst in Berlin vertraut gemacht. Da ich bis zu meinem 24. Lebensjahr in Dresden und Umland lebte, war dies hier das gängige Lebensmodell:
- Einen Partner suchen, denn ohne Partner bist du nichts
- Er sollte ein Auto haben – gilt natürlich nur bis zum eigenen Führerschein
- Mit 21 Jahren waren Wohnungen von Bekannten schon so perfekt eingeräumt, sie hätten dort sitzen und auf ihren Tod warten können
- Und wenn Wohnung/Haus/Umfeld perfekt warten und alles gestrichen war, was zu streichen ging, kamen die Kinder
Natürlich versuchte man hier und da auszureißen, aber der Samen des „Zusammenseins“ war gelegt worden.
Aufbruch nach Berlin
Und dann komme ich mit 24 Jahren nach Berlin. Ein Kulturschock in mehreren Dimensionen:
- Alle meine Kollegen und zukünftigen Freunde wohnen allein oder in WGs
- Alles ist chaotisch, keiner hat eine Haftpflichtversicherung, alle suchen und finden sich und alles ist plötzlich so leicht, so voller Optionen, so voller verschiedenster Lebensmodelle, so ungebremst, so real
- Dieses Leben inmitten der wunderbarsten und verrücktesten Lebenskonzepte und Kulturen prägt zutiefst
Steffen
Plötzlich lerne ich eines Tages Steffen kennen. Ich bin seine Mitfahrgelegenheit nach Dresden, er macht in Berlin eine Ausbildung zum Sounddesigner und ist auch aus dem „Tal der Ahnungslosen“ geflohen.
In stundenlangen Gesprächen im Auto kommen wir uns näher, wir gehen ins Kino zusammen, wir kochen zusammen. Wir reden immer und ständig über alles.
Aber nie lässt sich Steffen festlegen, wer er ist, wie er leben will. Er hat keinen Plan, was wann wie passiert. Er lässt alles auf sich zukommen. Sein Lieblingssatz ist „es hat doch bis jetzt immer irgendwie geklappt“.
Welch erfrischend andere Beziehung. Wie ungewohnt für mich.
Die optimale Beziehung
Und so beginnt die dritte Stufe, eine unglaubliche Partnerschaft, wo
- Jeder gleichwertig ist
- Es keine klare Mann/Frau-Aufgaben- und Rollenverteilung gibt
- Steffen mir alle Freiheiten mich zu entfalten lässt und mich unterstützt und ich versuche das ebenfalls umgekehrt
- Getrennte Wohnungen, da wir beide die verschiedensten Hobbies haben, die nur in einer fernen Zukunft gegebenenfalls in einem Häuschen zu realisieren gewesen wären
- Absolutes gegenseitiges Vertrauen ohne jegliche Zweifel
Und nun bin ich allein, ohne Partner. Und versuche es als Chance zu sehen, da ich merke, dass ich für einen eventuellen zukünftigen „Heiratsmarkt“ zu verbogen, zu emanzipiert bin.
Die neo-konservativen Beziehungsmodelle
Wenn ich derzeit Pärchengespräche auf der Straße beobachte und die dabei gelebten Rollenverhältnisse sehe, wird mir anders.
Wir hatten das in diesem Januar auf dem Hochzeitsschloss auf der Hochzeitsmesse gemerkt: die jüngeren zukünftigen Hochzeitspärchen rutschen wieder in die alterwürdigen Rollenklischees. Die wahrlich verrückten und herzerwärmenden Hochzeiten finden bei den Ü35-jährigen statt. Ich verstehe ja den Grund dahinter: in diesen scheinbar unsicheren Zeiten möchte der Mensch Sicherheit. Und den findet er in den bewährten Rollenklischees. Das war schließlich schon immer so und kann nicht falsch sein. Und man muss nicht umdenken und adaptieren, da das alltägliche Leben auf Arbeit schon anstrengend genug ist. Man fällt einfach in alte Muster und hindert leider die Seele daran, zu wachsen.
Die Durchschnitts-Medien und Presseerzeugnisse schieben uns in Rollen von muskelbepackten Typen mit großen Autos und zarten kleinen weichen Frauchen.
Die neue Emanzipationswelle
Aber aus den großen Städten, aus den Mischpools der diversen Lebensmodelle kommt ein erfrischender Strom der Emanzipation. Wichtig finde ich diese Seite. Die verschiedensten Aspekte werden hier beleuchtet, mit denen frau sich so herumschlagen muss und welche dafür sorgt, dass selbstverständliche Dinge auch endlich selbstverständlich werden.
Was hat das Internet damit zu tun?
Frauen setzen immer bewusster ihr Erscheinungsbild mithilfe der scheinbar oberflächlichen Apps und Tools ein, um selbstständig ihre eigenen Ziele zu erreichen. Wie die Girl-Power-Welle der 90er wiederholt sich mit scheinbar größerer Wucht nicht nur derzeit die Mode aus dieser Zeit.
Das ist der Grund, warum ich dieses weltweit vernetzte Internet so liebe. Frauen, die am Arsch der Heide wohnen oder am anderen Ende der Welt leben, haben die Möglichkeit, neue Idole zu finden, ohne lange in ihrem Leben suchen zu müssen, Fehler zu machen und umzuziehen. Die Optik als Medium für eine tiefere Message.
Nur mit einem Klick und der nötigen Neugier ist man nun entfernt von einem neuen Lebensmodell. Allein, unabhängig und stark. Und wenn sich dann doch ein ebenso emanzipierter Mann (oder Frau) irgendwann dazu findet, ist das natürlich umso schöner.
Kein Wunder, dass das Internet immer mehr eingeschränkt wird. Denn neben der ganzen Dummheit, die geteilt wird und kommentiert wird, gibt es auch so viel Interessantes und Nachdenkenswertes.
Voraussetzung ist jedoch ein gesunder Menschenverstand, da man ständig selbst filtern und hinterfragen muss, was relevant und irrelevant ist. Und man muss neugierig bleiben.
Eine höhere Instanz, welche reguliert, ist genauso fehlerbehaftet, wie wir.
Und ich werde jetzt meine ersten Schritte des Alleinseins lernen und genießen.