Soviel Dinge passieren auf Sardinien. So furchtbar traurig, wie es manchmal ist, genau so glücklich kann man innerhalb von Sekunden sein

Sardinien

von | Okt 2, 2019

Sardinien wird für mich ein furchtbares Wechselbad der Gefühle werden. In diesem Beitrag schreibe ich über die Tage vor und nach den Tagen in Costa Rei. Ich schreibe über die Tage, an denen mich meine/unsere Freunde vor Ort aufgefangen haben:

Wechselbad deshalb, weil die Gefühle hier in einem Extrem ausschlagen, dass es selbst die stärkste Frau umhaut. Gerade noch zu Tode betrübt, das Steffen nicht mehr bei mir ist, mit all dem dazugehörigen Schmerz, der Einsamkeit und der furchtbaren Wehmut und dem Vermissen des Lebens, welches ich nie wieder haben werde und plötzlich bin ich wieder dämlich glückselig, ob der ganzen Schönheit und der Liebe um mich herum.

Aber der Reihe nach möchte ich nun die Tage auf Sardinien zusammenfassen:

Olbia

Am 1. Oktober bin ich spät abends mit der Fähre im Norden von Sardinien in Olbia angekommen und hatte mir der Einfachheit halber ein beliebiges Hotel direkt in der Nähe vom Hafen genommen.

Nach den warnende Unkenrufen der anderen Rezeptionionisten während meiner bisherigen Reise ob der Kriminalität der Italiener hatte ich mir sicherheitshalber noch schnell von der Fähre aus einen Parkplatz in der Tiefgarage reserviert.

Die Altstadt von Olbia ist recht eng und ich war froh, als ich in den engen Straßen doch recht schnell das Hotel und sogar einen Parkplatz vor dem Hotel fand.

Der Stellplatz

Beim Check-in frage ich dennoch nach meinem Stellplatz, denn reserviert ist reserviert und leider auch schon bezahlt. Das sei alles kein Problem. Der junge Rezeptionist lotst mich mit dem Auto in die extrem enge und kleine Tiefgarage.

Hinten an der Wand war meine Lücke und trotz ziemlich guter Fahrkenntnisse scheiterte ich am Autotetris. Ein Mini war sehr eng vor der Lücke geparkt und ein anderer Italiener wartete mit laufendem Motor in seinem VW Passat.

OK ich kapituliere und gebe einem der Männer die Autoschlüssel. Nun stehe ich staunend daneben und beobachte, wie sie routiniert mein Auto einparken.

Ja, manchmal muss man auch einfach mal die Ruder anderen überlassen.

Ich bedanke mich und gehe in mein schönes klimatisiertes Zimmer, dusche und falle ins Bett.

Nächster Morgen

Ich wache pünktlich von ganz allein um 7:00 Uhr auf und springe ans Fenster und öffne es. Tief atme ich die sardinische Luft ein. Hinter dem Tavolaro, dem Signature Berg von Olbia geht gerade die Sonne auf. Ich sauge den Anblick auf, die rosa gefärbten Berge, das leicht milchige Licht, welches so typisch für Sardinien ist. In der Ferne höre ich Möwen. Und ich spüre Hunger, denn ich bin ja ohne Abendbrot, jedoch geduscht, ins Bett gegangen.

Ich gehe zum Frühstücksbuffet und bin die erste im Raum. Das Buffet ist gigantisch und bestimmt 15 Meter lang. Drei Servicekräfte warten höflich auf ihren Einsatz und einer fragt mich gleich nach meinem Kaffeewunsch. „Vorrei un espresso doppio con latte caldo, grazie“. Läuft bei mir langsam.

Ich lade mir den Teller ordentlich voll, denn ich bin richtig hungrig. Unklug ist jedoch, sich direkt unter dem Fernseher im Frühstücksraum zu setzen. Merken! Denn nun sind „All eyes on me“

Egal, aufgegessen und Koffer geschnappt.

Ausparktetris die 2. Diesmal hilft mir der Hausmeister. Ich bedanke mich überschwänglich und starte Richtung Arbatax. Das liegt genau in der Mitte der gesamten Ostküste von Sardinien.

Der erste Strand

Ich fahre die alten bekannten Straßen. Jede Straße bin ich hier schon mit Steffen gefahren. Das erste Mal auf sardinischem Boden ohne Steffen. Mich haut es wieder voll weg, also halte ich am ersten Strand:

Kurz bevor ich anfange, weinen zu wollen, ruft mich jedoch meine liebe Freundin V. an. Das ist sehr gut.

Ich entscheide mich dazu, etwas über das Land zu fahren und dann passiert das. Plötzlich stehe ich inmitten einer Schafherde, es blökt, Glöckchen klingeln. 

Das ist schon wieder so toll, dass ich mich dermaßen freue und schon wieder heulen muss.

Der Schäfer schaut leicht konsterniert und fordert die Schafe auf, einfach weiter zu gehen und mich nicht weiter zu beachten. So fange ich mich wieder und fahre weiter Richtung Arbatax.

Arbatax

Denn bevor es morgen an die Costa Rei weitergeht, habe ich mich noch für einen Tag mit Steffens Schwager und seiner Freundin verabredet, die heute ihren letzten Urlaubstag auf der Insel verbringen werden und mich bei sich mit übernachten lassen.

Ich freu mich voll auf die beiden und eile mich.

Pünktlich zum Mittag komme ich bei den beiden an und bekomme gleich ein Glas Begrüßungsweinchen. Wir quatschen und alles ist sofort toll.

So entscheiden wir uns, direkt ans Meer zum Baden zu fahren.

Bedrohlich bauen sich derweil hinter uns riesige Gewitterwolken auf.

Aber laut Regenradar soll das Unwetter an uns vorbeiziehen. Also baden wir einfach sorglos weiter und quatschen die ganze Zeit.

Doch langsam verschwindet die Sonne auch über uns und Wolken bedecken auch unseren Himmel. K. Und ich scherzen und gehen ins Wasser. Die liebe S. bleibt derweil draußen auf der Decke liegen, ihr ist das nicht geheuer, denn sie ist schlauer als wir.

Das Gewitter

Es fängt an zu donnern. Jetzt kommt das Gewitter doch wirklich zu uns!

Plötzlich ist es nicht mehr lustig und wir gehen schnell aus dem Wasser und packen geschwind unsere sieben Sachen.

Der Regen beginnt und der Donner kommt immer näher.

Hinter uns das Meer, vor uns der Pinienwald und dazwischen der Strand. Das sind nicht die besten Voraussetzungen, um hier das Gewitter zu erleben. Also rennen wir.

Plötzlich, ein Blitzeinschlag ganz in der Nähe. Das kracht und knirscht. Es riecht nach Ozon. Jetzt wird uns bange. Wir rennen wie vom Teufel verfolgt. Es schlägt überall um uns herum ein. Es kracht und blitzt.

S. wirft panisch den Sonnenschirm weg, denn dieser Schirm mit dem Metallstiel ist keine gute Idee bei Gewitter. Wir rennen wie dumm und finden ein kleines geschlossenes Strandcafé und stellen uns unter die Überdachung. Wir haben richtig Schiss.

Und plötzlich realisiere ich, dass ich Angst um mein Leben hatte, dass mir mein Überleben wichtig ist. Interessant.

Irgendwann dreht das Gewitter ab und der Regen hört langsam auf.

Wir gehen also zurück zum Auto und fahren in den Nachbarort um noch mehr Wein für den Abend zu kaufen. Hier gibt es sogar eine Weintankstelle.

Italien ist so ein schönes Land und Sardinien ist so eine traumhafte Insel.

Am Abend gehen wir gemeinsam sehr leckere Pizza essen und verquatschen uns am Abend mit dem soeben erworbenen Wein, der sehr lecker ist.

Am nächsten Tag fahre ich alleine weiter nach Costa Rei, welches einen separaten Blogeintrag erhält. Der Tobak ist zu stark und hat einen eigenen Beitrag verdient.

Hier geht es jetzt weiter mit der Rückreise nach Olbia:

Am 5. Oktober fahre ich wieder zurück Richtung Olbia, nach

San Teodoro

Nach den zwei Tagen in unserem used to be paradise bin ich froh, dieses endlich zu verlassen. Ich bin nicht traurig, sondern erleichtert.

Offensichtlich scheint Steffens Geist auch mit meinem Aufenthalt im Paradies gehadert zu haben. Erst nach und nach spüre ich, wie wir langsam wieder zusammen kommen. Umso weiter ich den Ort verlasse, umso näher kommen wir uns. Ich spüre, ich soll nicht mehr weinen, ich soll lachen. Das funktioniert ungefähr so:

Im Radio fängt ein Lied an, welches zum Abschied beim letzten Urlaub kam. Schon wieder heule ich.

Das ist Steffen zu viel und er schickt mir „wonderful life“ von Louis Armstrong. Das hasse ich. Steffen liebt es. Ich sehe ihn lachen. Passt. Ok, ich habe verstanden. Und so beginnen endlich wieder Dinge zu passieren, die alte Magie, die wir zusammen haben, ich hier, er da, ist wieder da.

So beschließe ich, nicht unseren mir bereits bekannten Weg zu fahren sondern einen komplett anderen.

Villaggio Est Affittacamere

Dies ist eine kleine Ferienanlage im Nordosten von Sardinien, mit ca. 60 Wohneinheiten, wobei aktuell nur 5 Wohneinheiten bewohnt sind, da in Italien gerade Saisonende ist.

Unnamed Road,
08020, Capo Coda Cavallo, Italien

Das WLAN ist schon aus, das Restaurant ist geschlossen. Den Strand habe ich für mich allein. Nirgends ist ein Mensch zu sehen.

Und es gibt Katzen!

Es ist wunderschön hier.

Der Rotwein

Nichtsdestotrotz gehe ich dem Rezeptionisten zig mal auf den Keks. Wegen dem Frühstück, dann dem WLAN und am Schluss brauche ich auch noch einen Korkenzieher für meinen Rotwein.

Denn Korkenzieher bringt er mir später vorbei. Und so kommen wir ins Gespräch.

Wir quatschen ganze zwei Stunden über die Welt, Menschen, Franzosen, Essen, Steffen, Italien. Wir verstehen uns prächtig und sind ab dann auch über die neuen Medien verbandelt.

Cala Brandinchi

Am nächsten Tag bin ich mit Freunden aus Berlin verabredet, die hier ihren Urlaub auf Sardinien verbringen. Freunden, die ich größtenteils schon seit 18 Jahren kenne.

Mit mir sind wir insgesamt 13 Personen. Wir frühstücken und quatschen. Wie schön. Wir fahren zum Strand baden.

Ein traumhafter Tag.

Auf dem Rückweg holen wir Pizza für uns alle.

Irgendwann muss ich aber zurück in mein Zimmer fahren.

Italopop

Als ich im Dunkeln wieder zurück fahre, bin ich das erste Mal wehmütig, die Insel wieder zu verlassen. Ich lasse den Tag Revue passieren, was das für ein schöner perfekter Tag auf Sardinien war.

Das furchtbare herzzerreißende Gefühl der Costa Rei ist weg und wurde durch die Liebe meiner Freunde und die Wärme der Insel ersetzt.

Zurück in meinem Zimmer angekommen, mache ich das erste Mal im Urlaub den Fernseher an. In Italien gibt es nämlich noch Musikfernsehen. Das lief bei Steffen und mir ständig.

Das Video, das dann als erstes läuft, ist ein Lied aus unserem ersten Sardinienurlaub.

Und plötzlich macht alles wieder Sinn (bis zum Schluss ansehen!)

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