Trauer oder Depression
Ihr Lieben, entschuldigt, dass es gerade so ruhig um mich wird, ich denke, das ist das, was die Depression und die Trauer mit mir macht. Ein halbes Jahr später kann ich mich das erste Mal um mich selbst kümmern.
Dank meiner Psychologin habe ich es nun „schriftlich“. Ich bin mittendrin in einer gepflegten Depression und das Ganze verbunden mit natürlich Trauer. Das macht es etwas schwierig, diese beiden Kandidaten auseinander zu halten, da man immer irgendwie trennen muss, ob die jeweilige Gemütsverfassung zum Trauerprozess gehört oder ob es bedenklich und „krank“ ist. Da dies nicht klar zu definieren ist, definierten es die schlauen Menschen als „Anpassungsstörung“.
Symptome einer Depression
Meine liebe Psychologin hat mir ein Blatt mitgegeben, in welchem die typischen Symptome beschrieben werden:
- Depressive Verstimmung
- Vermindertes Interesse an Freude an allen oder fast allen Aktivitäten
- Deutlicher Gewichtsverlust oder Gewichtszunahme
- Schlaflosigkeit oder vermehrter Schlaf
- Psychomotorische Unruhe oder Hemmung
- Müdigkeit oder Energieverlust
- Gefühl der Wertlosigkeit oder exzessive, unangemessene Schuldgefühle
- Verminderte Fähigkeit zu denken oder sich zu konzentrieren oder Entscheidungsunfähigkeit
- Wiederkehrende Gedanken an den Tod, wiederkehrende Suizidideen, Suizidversuch
Weiter steht da:
Um eine Diagnose für eine Depression zu stellen, müssen von dieser Symptomliste mindestens fünf Symptome vorhanden sein.
Treffer, versenkt! Bingo, ich bin sowas von im Team!
Wenn Ihr noch mehr zu dem Thema erfahren wollt, finde ich diese Seite vom Freunde fürs Leben e.V. sehr hilfreich.
Das Schlimme daran ist, das ich das schon seit ewig kenne. Weil ich dort quasi schon länger wohne. Ich dachte, dieses Gefühlscocktail ist normal. Ist es aber wohl nicht, sagen die Tabellen, die Menschen, die Psychotherapeutin.
Das ist auch der Grund, warum ich gerade so selten schreibe. Ich habe einfach keine Energie mehr. Ich bin ausgebrannt.
Nun, wenn mir jedoch die Therapie ermöglicht, endlich positiv und voller Energie in die Zukunft zu gehen, werde ich es gerne versuchen. Denn nun habe ich das erste Mal Zeit nur für mich. Zwar erzwungen, aber so ist das manchmal und man muss Scheißegelegenheiten ja als Chance für irgendwas sehen. Also habe ich das erste Mal seit … hm, lasst mich nachdenken, also seit ewig, also seitdem ich das Haus meiner Eltern mit 17 verlassen habe, Zeit für mich.
Was ist der Unterschied zwischen Depression und Trauer?
So fühlt sich meine Depression an:
Gestern war ein Tag, der war absolut klassisch für eine Depression. Man wacht auf und hat keine Lust zu nichts.
Ich fühle mich wie ein waidwundes Tier, welches sich in seiner Höhle verkriecht. Wie eine kranke Katze, die irgendwo in der Wohnung unauffindbar verschwindet.
Der gestrige Tag endet schon für mich morgens um 9:00 Uhr mit einem Film. Natürlich irgendein Science-Fiction-Postapokalypse-Film mit ganz viel Dystopie. Romantik und Glück ertrage ich derzeit einfach nicht. Dystopie dagegen verstehe ich, ich wohne da. 3. Stockwerk links.
Dann kommt irgendwann der Hunger. Die lebenserhaltenden Organe funktionieren offensichtlich noch. Also finden Kohlenhydrate mit Fett ganz leicht denn Weg in meinen Körper. Ich habe sie wie folgt getarnt: als in Butter angebratene Pelmeni mit Créme Fraiche und dazu gibt es gebratene Zwiebeln. Und danach noch schnell eine komplette, feine junge Vollmilchschokolade mit gesalzenen Mandeln. Nun muss der Körper aber ausruhen, also verschlafe ich den ganzen Nachmittag. Es ist eh zu hell und heiß da draußen. Hell und Sonne ist nämlich auch blöd.
Kurz pickert das schlechte Gewissen: „Du musst doch noch …“ Ach, scheiß drauf, das kann ich auch morgen noch machen. Ich habe so viele Ideen für den Blog, aber alle Ideen sterben jämmerlich auf dem kurzen Weg vom Bett zum Laptop. Meine bestimmt ganz tollen Ideen verpuffen wie Seifenblasen über dem heißen Holzkohlegrill.
So rettet mir Netflix den restlichen Abend und um 22:00 Uhr liege ich schon wieder im Bettchen und kann endlich schlafen, in der Hoffnung, dieser doofe Tag geht endlich vorbei und morgen ist es hoffentlich besser.
Trauer
Trauer passiert täglich. Mal mehr mal weniger. Manchmal helfen diese Tipps gegen Trauer wunderbar.
Und dann gibt es Tage, da kann ich vor Schmerz kaum atmen, ich heule wie ein Schlosshund und meine Gesichtshaut bekommt ob der Salzwasserdauerüberflutung schon wunde Flächen. Den Schmerz kann man so beschreiben, als wenn jemand mit einer glühenden Harke dein Inneres von Innen von Brust bis Magengrube aufreißt. Immer wieder. Durch den Grind.
Dabei rast mein Herz und meine Magengrube rollt in Dauerpanik umher und dann gibt es wieder Tage, da geht eigentlich alles ganz gut, bis ich auf eine Trauermine trete.
Trauermine
Diese Minen sind überall in der Wohnung verteilt. Manchmal liegen sie auch im Park herum oder sind in Musikform oder als Geruch verpackt.
Es ist genauso wie mit einer echten Mine: du trittst drauf, du spürst es klicken und du weißt ganz genau, was gleich passiert und kannst es nicht mehr aufhalten.
Die heutige Trauermine entpuppte sich wie folgt:
ich möchte Steffens Handy aufladen und komme dabei auf die Wetteranzeige auf dem Startbildschirm. Ich sehe heute das erste Mal, dass Steffen wechselnd drei Standorte eingestellt hatte, die er ständig hin- und her scrollen konnte:
Berlin – Shanghai – Peking
Und wumms, schon verliere ich wieder die Bodenhaftung. Mein Herz krampft, meine Magengrube wird dumpf.
Plötzlich spüre ich ein unerträglich tiefes Mitleid mit Steffen, kann es nicht fassen, dass es das für ihn gewesen sein soll.
Dass das sein Leben gewesen sein soll.
Einfach so alles vorbei, mit 40.
Das dies Steffens letzter Urlaub seines kurzen Lebens war.
Dass ihm dieser letzte Urlaub so viel bedeutet hat.
Ich wünschte mir, ich hätte unsere letzte gemeinsame Zeit noch achtsamer mit Steffen verbracht. Aber noch achtsamer geht kaum.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie viel so wenige, kurze Momente plötzlich Wert sind.
Hallo Dana
Zum Thema Trauermine.
So wie du das beschrieben hast……kann ich zu 100 % unterschreiben. Genau so ist es. Ich habe meinen Mann mit 54 verloren. Er hatte Magenkrebs. Im Juli 2017 waren wir auf einer Schottlandrundreise. Nichts ahnend. Im September machte sich der Krebs bemerkbar. Festgestellt wurde er im November. Nach Chemo folgte im Februar 2018 die komplette Magenentfernung, dann nach einer Erholungsphase erneute Chemo.Wir dachten wir hätten es geschafft. Im Juni ging er in Reha und dort bekam er Schmerzen. Rehaabbruch. Trotz ständiger Untersuchungen, stellte man erst im November 2018 fest.Der Krebs ist zurück, unheilbar. Am 5. Dezember 2018 starb er………Minen lauern immer noch……Liebe Grüße Andrea
Liebe Andrea,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Es tut mir so leid für dich und deinen Mann! Dezember 2018 scheint schon soweit weg, ist aber dennoch gefühlt erst gestern gewesen. Ich wünsche dir ganz viel Kraft auf deinem weiteren Weg. Diese Trauerminen werden uns ständig begleiten, aber man wird routinierter und weiß mit jedem Mal, besser damit umzugehen. Bei mir hilft Zeit, dann ist der Tag halt verloren. Viel Selbstfürsorge und Achtsamkeit, denn man kann diesen Minen nicht entfliehen.
Ich wünsche dir weiter so viel Kraft,
Herzlichst,
Dana