Wie ich jeden Vollmond Steffen gedenke. Es hilft, mit dem Verlust umzugehen und eine Verbindung zu meinem verstorbenen Partner zu haben.

Vollmond

von | Jun 17, 2019

Warum ich glaube, dass der Vollmond unsere gemeinsame Verbindung ist. Warum ich seit Steffens Tod regelmäßig den Vollmond zelebriere. Steffen ist für mich der Vollmond. Nicht nur ein Stern, nein, der Vollmond.

Warum ist der Vollmond für mich wichtig?

In der Nacht, in der ich Steffen das letzte Mal ins Krankenhaus gefahren habe, war Vollmond.

Am Tag von Steffens Kremation war Vollmond.

Am 27. Juli 2018, dem Tag, an dem Steffen das ganze Ausmaß des Krebses mitgeteilt bekam, war der Blutmond.

Und am letzten Tag unseres traumhaften Indienurlaub war Vollmond, genauso wie an unserem Hochzeitstag und am Tag vor Steffens Tod.

Der Vollmond ist also unsere Verbindung.

Seitdem Steffen gestorben ist, feiere ich so jeden Monat einmal seine Rückkehr. Ich habe mir einen Ritus angewöhnt: ich feiere nun diesen Tag mit unseren gemeinsamen Freunden.

April-Vollmond

Den ersten Vollmond im April war ich mit den beiden Wienern in Kroatien. Wir hatten uns eine Ferienwohnung gemietet und uns mit einer Flasche Rotwein an die Küste gesetzt, ein Räucherstäbchen angezündet und Steffen gefeiert, dabei haben wir über Steffen geredet, an Steffen gedacht und jeder Schluck Rotwein war für Steffen auf der anderen Seite. Als wir wieder zurück in unserer Unterkunft waren, ging hinter den Bergen riesig der Mond auf.

Mai-Vollmond

Beim Mai-Vollmond traf ich mich mit drei anderen Freunden in ihrem Häuschen in Falkensee. Wir sind mit ihnen schon seit 2004 befreundet, also sind dies ein paar unserer ältesten Freunde. Wir haben gegrillt und später hat T. eine Feuerschale angemacht.

Ich brachte all meine Räucherware mit und als das die Funken hoch in den Himmel stiebten, warf ich Weihrauchharz auf die Glut. Der Mond ging auf. Frau K. und ich haben auf der Wiese zur Musik aus dem Krachwürfel getanzt. Es war schon fast wie ein kleiner Hexenclub.

Juni-Vollmond

Heute ist es wieder so weit.

Ich bin extra für diesen Vollmond zu unseren Bremer Freunden gefahren. Ja genau zu denen, die wir das letzte Wochenende bevor Steffens Tod noch besucht haben. Als wir noch gar nichts ahnten.

Es war ungewohnt, allein mit dem Flixbus nach Bremen zu fahren. Ohne dass ich mich die ganze Zeit um Steffen kümmern muss, mir Sorgen machen muss, ob er Schmerzen hat. Reflexmäßig drehte ich mich auf dem Weg zum Bus immer mal um, ob Steffen noch hinter mir läuft. Aber Steffen folgt mir nicht mehr.

Diesmal fahre ich das erste Mal ganz allein mit dem Bus fahren.

Aber es gibt noch viele Sachen, die ich jetzt lernen muss, allein zu machen.

Und es fühlt sich gar nicht so schlimm an, wie es jetzt vielleicht klingen mag. Auf eine bizarre Art gewöhne ich mich langsam daran. Ich habe einfach ein paar Podcasts gehört und mir ein paar Folgen von Netflix auf den Laptop geladen und schnell war die Fahrzeit um.

Heute Abend mache ich für die beiden wieder die geliebten chinesischen Teigtaschen. Die haben wir bei jedem Bremen-Besuch zusammen mit Steffen für die beiden gemacht.

Danach werden wir uns an die Feuerschale setzen, ein paar Biere trinken, Weihrauch auf die Glut werfen und über Steffen reden. Und dem Mond dabei zusehen, wie er ganz leise und groß aufgeht.

So groß und leise, wie Steffen.

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